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Picknick am Fluss. Foto: Heidi Ramlow

Literarisches Picknick an der Oder

„Oder, mein Fluß, / In Tropfen sickert es / aus Gebirgen von Zeit, /Wasser, das nach Kindheit schmeckt.“  Der Dichter und Hörspielautor Günter Eich hat die Oder in einem der wohl schönsten Gedichte verewigt, die über die Oder geschrieben wurden. Genau hier, in Lebus, wurde Günter Eich 1907 geboren. Und genau hier gibt es den allerbesten Ort für ein literarisches Picknick mit Blick auf den Fluss: Ein Aussichtspunkt am Oderhang, wie geschaffen für das Motto: „Und seitab liegt die Stadt“. In diesem Fall ist es die Kleiststadt Frankfurt (Oder), dessen Silhouette am südlichen Horizont schimmert. Unter den Augen der Wanderer legt sich die Oder breit und träge in eine sanfte Rechtskurve, nach Norden hin, wo die Lebuser Höhe am linken Flussufer abrupt in das flache Oderbruch übergeht. Über die Oder ist nicht allzu viel gedichtet worden, erfahren die Teilnehmer in einem kleinen Exkurs von Fred Pilarski, der einen besonderen Buchtipp hat: Der Kahn der fröhlichen Leute, ein Roman von Jochen Klepper aus dem Jahr 1933. Eine unterhaltsame Geschichte über eine junge Frau, die einen alten Oderkahn erbt und während der Weltwirtschaftskrise eine Gruppe arbeitsloser Artisten an Bord nimmt. Dabei erlebt die Crew auf ihrer Flussreise alles, was die Oder an Schönheit, aber auch an Widrigkeiten im Angebot hat. Wochenlange Trockenzeiten, gefährliche Hochwässer, lange Winter im Eis. Der Weg von Breslau nach Stettin – eine Reise voller Gefahren. Angesichts der aktuellen Diskussionen um den Flussausbau liest sich Kleppers Roman wie eine Wortmeldung aus der Vergangenheit. Von wegen früher wäre alles besser gewesen mit der Schifffahrt auf der Oder. Es war wohl schon immer ein ziemliches Elend damit.

Derzeit fürchten Naturschützer und Gewässerökologen erhebliche Eingriffe in den Fluss, um die Schiffbarkeit zu verbessern. Die Oder soll vertieft und beschleunigt werden – vorgeblich um den Eisaufbruch im Winter zu erleichtern und um Eishochwässer zu vermeiden. Die Naturschützer fürchten ein Austrocknen der Flussaue, was wiederum von den Wasserbauern bestritten wird.

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