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Schlosstreppe. Foto: Maik Altenburg

Dorfrundgang III: Schloss und Park

Der Dachstuhl eingefallen, auf dem Balkon wachsen Birken, die Treppenstufen zerbröselt – wohl kein Gebäude in Wulkow ist für Autorinnen und Autoren so phantasieanregend wie die Schlossruine unmittelbar neben dem Ökospeicher. Das verfallene Gebäude hat seine Wurzeln im späten 17. Jahrhundert und ist um die vorletzte Jahrhundertwende vom damaligen Rittergutsbesitzer Richard Schulz-Wulkow noch einmal aufgestockt und nach der damaligen Neorenaissance-Mode mit Schmuckgiebeln und einem altertümlich anmutendem Turm versehen worden. Diese Pracht ist heute nur noch auf einem alten Foto zu bewundern. Der Turm ist höchstwahrscheinlich in den letzten Kriegstagen von deutschen Soldaten gesprengt worden, um den Kanonieren der Roten Armee einen Orientierungspunkt zu nehmen. Aus seinen Trümmern wurden offenbar Neubauernhäuser gebaut, so wie es die Sowjetische Militäradministration befohlen hatte. Das Rittergut wurde enteignet und als Bodenreformland aufgeteilt. Familie Schulz-Wulkow ging ins westdeutsche Exil. Das Schloss wechselte die Funktionen: Flüchtlinge zogen ein, die neugegründete LPG hatte ihr Büro im Schloss. Als die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft in den 1970er Jahren dem Betrieb im Nachbardorf Alt Zeschdorf angegliedert wurde, die Bewohner nach und nach ihre Provisorien verließen, beschleunigte sich der Verfall. Mittel zur Werterhaltung konnte die kleine Gemeinde nicht aufbringen. Auch vom Landkreis kam keine Unterstützung. Nach der Wende kaufte ein Immobilien-Kaufmann das Haus von der Treuhand, ließ es jedoch weiter verfallen. Seit einigen Jahren gibt es eine neue Besitzerin. Sie hat im Haus zunächst einige Fenster ein- und um das Haus viele Betreten-Verboten-Schilder aufgebaut.

Was beim Dorfspaziergang noch zu erfahren war: Dass Wulkow mit einem wichtigen historischen Ereignis verbunden ist: Der Schlacht von Kunersdorf im August 1759. Preußens König Friedrich II hatte in Wulkow sein Stabsquartier aufgeschlagen, sammelte hier seine Truppen, bevor er sich auf der anderen Seite der Oder eine vernichtende Niederlage abholte – der dunkelste Punkt in Friedrichs Regentschaft.

Ein Gang durch den Park führt zu weiteren Entdeckungen:

Ein Soldatenfriedhof mit Gräbern aus den letzten Kriegstagen – darunter die Gebeine 16- und 17jähriger, die hier in den letzten Kriegstagen in den Tod geschickt wurden.

Robert, die Rotbuche und ein von Kindern der Kita Grashüpfer markierter Laubhaufen für Igel – bitte nicht stören.

Teile des Parks sind mehr oder weniger malerisch verwildert – Folge einer behördlichen Sperrung wegen der Gefahr abstürzender Äste.

Ein Anglerteich, dessen Umrundung ein bisschen gefährlich ist. Das Ufer ist von Biberröhren und -kesseln durchlöchert.

Das Ufo – einst Sitz des Ökospeichervereins, jetzt Privathaus. Spektakuläres Rundhaus aus zwei Halbschalen.

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